Albert Anker
Rosa und Bertha Gugger beim Stricken, 1885
Rosa und Bertha Gugger waren die Töchter des Ehepaars Gugger-Küffer aus Ins. Sie wurden wiederholt von Albert Anker als Modelle eingesetzt. Die jüngere Rosa wurde 1881 geboren, sie war auf dem Bild vier Jahre alt und wird instruiert von ihrer älteren Schwester Bertha. Anker greift auf sein bewährtes Kompositionsprinzip zurück, indem er seine Modelle vor dunklem Hintergrund platziert und sie von vorne mithilfe einer Lampe beleuchtet. Das erlaubt ihm, die Gesichter besonders fein vor dem dunklen Hintergrund zu modellieren und den emotionalen Ausdruck präzise herauszuarbeiten. Die beiden Oberkörper bilden ein Dreieck, das von den Händen, welche Nadel und Faden halten, bekräftigt wird. Während die rechte Hand der älteren Schwester auf der Tischkante ruht, lenkt die linke Hand die Hände von Rosa in einer anleitenden Geste. Die kindlichen Hände von Rosa hingegen halten etwas verkrampft die dünnen Stricknadeln fest. Der Weg zur Fingerfertigkeit ist weit und für den Künstler ein Hinweis auf den Stand der kindlichen Entwicklung. 1898 veröffentlichte Anker in der Zeitschrift La Suisse libérale einen Aufsatz, in dem er sich mit den Entwicklungsschritten des Kindes befasst. In diesem pädagogischen Text weist er auf die zentrale Rolle der Hand hin: Mit ihr entdeckt das Kind sein Ich und seine eigene Persönlichkeit. Kaum ein anderer Maler seiner Zeit schenkt der Hand eine so hohe Aufmerksamkeit wie Anker.