Albert Anker
Cécile Anker, 28. September 1886
Die eigenen Kinder sassen Anker häufig Modell. Den drei Töchtern – Anna Louise (1865–1954), Sophie Marie (1872–1950) und Fanny Cécile (1877–1957) – gab er den Vorzug. Er erfasste ihr erstes Lächeln und die ersten Schritte, zeigte sie im Kinderstuhl oder zu Tisch, im Krankenbett, bei Schulaufgaben und beim Spiel mit den Puppen.
Die an Aquarellmalereien erinnernden blauen Arbeiten auf Papier sind von besonderem Reiz und entstanden Mitte der 1880er-Jahre. Dabei verwendete der Künstler das berühmte Deck'sche Blau, ein Farbton, den er üblicherweise für seine Fayence-Malerei brauchte. Denn von 1866 bis 1893 malte Anker auch Fayencen für die Firma von Théodore Deck in Paris, was ihm ein zuverlässiges Einkommen verschaffte. Der unverkennbare Farbton wurde in der Familientradition «Anker-Blau» genannt. Auch in seinen Notizheften finden sich wiederholt spontan hingeworfene Skizzen dieser Art.
Beide Porträts zeigen seine jüngeren Töchter, die damals dreizehnjährige Marie und die neunjährige Cécile beim Lesen am runden Esstisch. Das Licht der Tischlampe bescheint sie von vorne, so dass ihre Körper einen Schlagschatten an die Wand werfen. Im Gegensatz dazu sind die konzentrierten Gesichter der Mädchen und die vor ihnen aufgeschlagenen Bücher hell erleuchtet und ins Zentrum gerückt. Die besondere Ausleuchtung scheint nicht nur praktisch bedingt zu sein, sondern kann auch als Hinweis darauf gesehen werden, dass Lesen zum Denken anregt und damit zu Erleuchtung führt.