Thomas Hirschhorn (*1957)
26 - Buffet, 1995
236 Arbeiten aus der Serie «Danke, Thank you, Merci», verschiedene Materialien,
Kunstmuseum Bern, Schenkung Stiftung Kunst Heute

Erstmals kombiniert Thomas Hirschhorn in der Ausstellung Les plaintifs, les bêtes, les politiques (Centre Genevois de Gravure contemporain, 1995) in seinen Collagen neben Aufnahmen von sich selbst, Abbildungen eigener Werke und solchen, die er bewundert, auch Werbemotive aus Mode und Lifestyle mit Pressebildern von verstümmelten und von Narben gezeichneten Kriegsopfern. Die schwer erträgliche Verknüpfung unvereinbarer Bilder markiert eine radikale Neuorientierung im Werk des Künstlers. Er verdeutlicht sein konfrontativ-dialektisches Vorgehen mit kritischen Selbstbefragungen und handgeschriebenen Kommentaren. Wie schon in der dadaistischen politischen Collage bei John Heartfield geht es Hirschhorn um die Gleichzeitigkeit von disparaten Realitäten und um deren Bewusstmachung. Eine solche Kombination liegt auch dem Aufbau an Bildmaterial in der Installation Buffet zugrunde. Es sind 236 Kartontafeln, auf die Hirschhorn Ausschnitte aus Werbung, Zeitungsillustrationen, wissenschaftliche Statistiken sowie Markenlogos klebt und sie auf mit Alufolie eingekleideten Pappschachteln zu einem Bilderberg auftürmt. Neben die Bildcollagen schreibt er Dankesbekundungen (Danke, Thank you, Merci), manchmal sogar unter Nennung eines (Marken-)Namens, um die – nach Ansicht des Künstlers – Mitverantwortlichen dieser unsäglichen Gleichzeitigkeit von Glanz und Elend anzusprechen.
Nicht von ungefähr erinnert die silberne Pyramide vor gelbem Hintergrund mit ihren hübschen Gesichtern und entstellten Körpern an Engel, Märtyrer und Heilige eines mittelalterlichen Altars. […] Nur ist in der kapitalistischen Gesellschaft das spirituelle Heilsversprechen abhandengekommen und wurde stattdessen an den Konsum von Waren geknüpft. Deren Produktion und globaler Vertrieb hält wiederum die wirtschaftlichen Interessenskonflikte am Laufen, welche gewaltsame, politische Konflikte anheizen. Deshalb gehören deren Opfer zwingend zusammen mit den Werbeträgern sowie den Konterfeis von politischen Entscheidungsträgern auf Hirschhorns Bildtafeln. Diesen unerträglichen Kreislauf bringt das Buffet ins Bewusstsein und als gutbürgerliches Möbelstück in die gute Stube bzw. ins Museum hinein. […]
Quelle: Kunst Heute. Die Sammlung Gegenwartskunst Teil 3 / The Collection of Contemporary Art Part 3, Hg. Kunstmuseum Bern / Kathleen Bühler, Bielefeld: Kerber Verlag, 2014, S. 46ff. (Autorin: Kathleen Bühler)