Chronologie einer Freundschaft
1880
Geburt von Hermann Rupf in Bern.
1884
Geburt von Daniel-Henry Kahnweiler in Mannheim.
1901
Als Banklehrlinge in Frankfurt lernen sich Rupf und Kahnweiler kennen und werden «unzertrennbar».
1903
Rupf und Kahnweiler teilen sich in Paris eine Wohnung. Gemeinsame Besuche von Kulturveranstaltungen.
1904
Kahnweiler und Lucie Godon werden ein Paar, zur Familie gehört Godons Tochter Louise.
1905
Rupf tritt in das Berner Mercerie-Geschäft seines Schwagers Ruedi Hossmann ein, das ab 1908 Hossmann & Rupf heisst.
1907
Kahnweiler eröffnet eine kleine Galerie an der Rue Vignon 28 Paris. Sein Programm: die künstlerische Avantgarde. Erste Ankäufe von Rupf bei Kahnweiler.
1910
Rupf beteiligt sich mit Fr. 10'000 als Kommanditär an Kahnweilers Galerie.
Er heiratet Margrit Wirz, eine «seiner Ladentöchter».
1912
Klee besucht Kahnweiler in Paris und Rupf in Bern.
1914
Beim Ausbruch des Ersten Weltkrieges befindet sich Kahnweiler auf einer Italien-Reise. Rupf lädt ihn nach Bern ein und bietet finanzielle Hilfe an.
Kahnweiler bleibt bis im Mai 1920 in Bern. Sein Kunstlager wird vom französischen Staat beschlagnahmt, weil er als «feindlicher Ausländer» gilt.
1919
Lucie Godon und Daniel-Henry Kahnweiler heiraten in Bern. Hermann und Margrit Rupf sind Trauzeugen.
1920
Kahnweiler eröffnet am 1. September in Paris mit André Simon die Galerie Simon an der Rue d’Astorg 29.
Rupf kauft seinem Freund in Paris-Boulogne für Fr. 48'000 ein Haus.
1921 bis 1923
Zwangsversteigerungen der durch den französischen Staat beschlagnahmten Sammlung Kahnweiler. Ein Syndikat, dem auch Rupf angehört, kann nur eine kleine Anzahl von Werken zurückerwerben.
Ab 1929
Der Kunsthandel ist von der Weltwirtschaftskrise existenziell betroffen. In der Folge beklagt sich Kahnweiler in Briefen an Rupf wiederholt und teils sehr detailliert über den schlechten Geschäftsgang – bis hin zu Überlegungen, die Galerie aufzugeben (1934).
1933
30. Januar: Hitler wird zum deutschen Reichskanzler ernannt. In der Folge erste Verhaftungswellen politscher Gegner und massive Ausschreitungen gegen Jüdinnen und Juden.
Die grosse Emigration aus Deutschland beginnt. So fliehen auch der Galerist Alfred Flechtheim und Kahnweilers Bruder Gustav mit seiner Frau Elly.
Durch Rupfs Vermittlung übernimmt Kahnweiler die Generalvertretung von Klee.
Rupf ist Kahnweiler dabei behilflich, ein grösseres Konglomerat von Bildern aus Deutschland in die Schweiz einzuführen und in Sicherheit zu bringen.
1935
Klee-Ausstellung in der Kunsthalle Bern.
1936
In Frankreich gewinnt der sozialistische Front populaire unter Léon Blum bei Wahlen die Mehrheit. Kahnweiler und Rupf begrüssen diese Wende und diskutieren in ihrem Briefwechsel intensiv über Antisemitismus.
1937
25. Mai: Eröffnung der Exposition Internationale des Arts et Techniques dans la Vie Moderne in Paris. Im spanischen Pavillon zeigt Picasso das Monumentalgemälde Guernica, das den Terrorangriff deutscher Flieger auf die baskische Stadt Guernica anklagt.
Rupf besucht die Ausstellung im September und trifft Kahnweiler.
Am 19. Juli wird in München die Propagandaausstellung Entartete „Kunst“ eröffnet, die die Kunst der Moderne diffamiert.
Kahnweiler wird französischer Staatsbürger.
1939
Kubismus-Ausstellung in der Kunsthalle Bern, mit zahlreichen Leihgaben von Kahnweiler und Rupf.
30. Juni: Auktion «entarteter» Kunst mi in der Galerie Fischer in Luzern. Kahnweiler und Rupf zögern, daran teilzunehmen. Rupf kauft Mackes Gemälde Gartenrestaurant, (1912) und Matarés Skulptur Liegende Kuh (1925).
Kahnweiler und Rupf treffen sich das letzte Mal vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges.
1. September: Überfall der deutschen Wehrmacht auf Polen, Beginn des Zweiten Weltkrieges.
Kahnweiler schreibt seine Briefe von nun an auf Französisch, um nicht abermals als «feindlicher Ausländer» aufzufallen, Rupf antwortet ebenfalls auf Französisch.
1940
14. Juni: Die deutsche Wehrmacht besetzt Paris.
Wenige Tage zuvor fliehen Lucie und Daniel-Henry Kahnweiler und Lucie nach Saint-Léonard-de-Noblat im Limousin. Wichtige Kunstwerke hat Kahnweiler bereits seit 1939 dort in Sicherheit gebracht.
Der Waffenstillstand vom 22. Juni teilt Frankreich in eine von Deutschland besetzte und eine «freie» Zone im Süden. Dort errichtet Maréchal Pétain den autoritären «État français», der die antisemitische Gesetzgebung forciert.
Der Briefwechsel mit Rupf wird trotz Zensur bis im August 1943 nicht unterbrochen.
1941
Im Sommer droht die «Arisierung» der Galerie Simon. Kahnweilers Stieftocher Louise Leiris-Godon kann mit viel Verhandlungsgeschick die Galerie retten, indem sie diese auf sich überschreiben lässt.
Kahnweiler wird die französische Staatsbürgerschaft aberkannt.
Kahnweiler arbeitet an seinem Buch über Juan Gris und vermisst Rupfs kritische Lektüre.
1942
Die staatlichen Massnahmen gegen Jüdinnen und Juden, darunter Verhaftungen und Deportationen, nehmen auch in Frankreich massiv zu.
1943
Anfang September entgeht Kahnweiler knapp der Verhaftung durch die Gestapo. Er taucht bis im September 1944 mit Lucie unter falschem Namen im Dorf Lagupie im Südwesten Frankreichs unter.
Rupf lässt das Rote Kreuz nach Kahnweiler suchen. Ende 1943 gelangt ein erstes Lebenszeichen zu ihm.
1944
16. Dezember: Rupf erhält eine erste Karte von Kahnweiler. Dieser lebt seit der Befreiung von Paris durch die Alliierten im Spätsommer wieder dort.
1945
8. Mai: Kriegsende in Europa.
15. Mai: Lucie Kahnweiler stirbt nach längerer Krankheit.
Die Freundschaft hält an. Kahnweiler bleibt wichtiger Vermittler des Kubismus und Händler Picassos.
1954
Gründung der Hermann und Margrit Rupf-Stiftung.
1961
stirbt Margrit Rupf-Wirz.
1962
Tod von Hermann Rupf.
1979
Tod von Daniel-Henry Kahnweiler.
Das Geschäft Hossmann & Rupf wird liquidiert.