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Stiftung Expressionismus. Von Gabriele Münter bis Sam Francis

Karel Appel, Le coq furieux, 1952, Öl auf textilem Träger, 89 × 116 cm, Stiftung Expressionismus beim Kunstmuseum Bern © Karel Appel Foundation / 2025, ProLitteris, Zurich

Einleitung

Die 25 herausragenden Werke der am Kunstmuseum Bern assoziierten Stiftung Expressionismus sind durch die aus der Nähe von Bern stammende Familie Hans Rudolf und Silvia Tschumi zusammengetragen worden. In der Ausstellung ist das Stiftungsgut erstmals seit der Gründung der Stiftung im Jahr 2007 in seiner Gesamtheit zu sehen.

Als Sohn des Berner Sammlerpaares Walter und Gertrud Hadorn (-Tschumi) stammte Hans Rudolf Tschumi aus einer kunstaffinen Familie, die bereits 1977 eine grosszügige Schenkung ans Kunstmuseum Bern getätigt hatte. In den 1990er Jahren begannen Hans Rudolf und seine Frau Silvia selbst mit der Erwerbung von Kunst. Ausgangspunkt war die gemeinsame Begeisterung für die expressive Malerei von Vertreter:innen des «Informel» und der «Neuen Wilden». Im regen Austausch mit Fachleuten aus dem Galerie- und Museumswesen legten sie ihr Augenmerk vermehrt auf Werke des deutschen und Schweizer Expressionismus und begannen mit dem Aufbau einer Sammlung. Im Jahr 2007 schliesslich gründeten sie die Stiftung Expressionismus mit dem Ziel, Lücken in den Beständen des Kunstmuseum Bern zu schliessen und ihre Sammlung der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die anfängliche Gruppe von 15 Werken wuchs im Verlaufe der Jahre auf 25 Gemälde, die zwischen 1906 und 1994 entstanden sind. Damit umfasst das Konvolut expressive Positionen eines ganzen Jahrhunderts – vereint im Streben nach der Durchbrechung der ästhetischen Konventionen ihrer Zeit.

Der Ausstellungsrundgang folgt den drei Schwerpunkten, die das Stiftungsgut charakterisieren. Den Anfang bilden beeindruckende Werke deutscher Expressionist:innen der «Brücke» und des «Blauen Reiters» wie Emil Nolde, Max Pechstein, Heinrich Campendonk, Gabriele Münter und Marianne von Werefkin. Daran schliessen Werke von Schweizer Expressionisten an, darunter farbintensive Landschaften und Porträts von Albert Müller und Hermann Scherer, die der Basler Gruppe Rot-Blau angehörten. Den Abschluss bilden expressive Positionen der internationalen Nachkriegskunst, etwa Werke von Karel Appel, Sam Francis und Teruko Yokoi.

Die 25 Dauerleihgaben stellen eine massgebliche Erweiterung der Sammlung um herausragende Gemälde dar. Das Kunstmuseum Bern ist dem Stifterpaar und seiner Familie für ihr unschätzbares Engagement und ihre Grosszügigkeit in tiefem Dank verbunden.

Ergänzung: Neoexpressionistische Werke aus der Sammlung

Ergänzend zur Ausstellung Stiftung Expressionismus. Von Gabriele Münter bis Sam Francis zeigt das Kunstmuseum Bern neoexpressionistische Werke von Leiko Ikemura, Miriam Cahn, Martin Disler, Mimmo Paladino und Michael Buthe aus der Sammlung.

Die Werke verkörpern den malerischen Aufbruch in den späten 1970er und 1980er Jahren, der eine Gegenbewegung zu den dominanten Kunstrichtungen wie Minimal Art und Konzeptkunst war. In Deutschland als «Neue Wilde» und in Italien als «Transavanguardia» bezeichnet, suchten die Künstler:innen des Neoexpressionismus nach neuen Möglichkeiten, ihre Emotionen und Erfahrungen zum Ausdruck zu bringen.

Ihre provokanten, schnell und locker gemalten Bilder beeindrucken durch Energie, Kühnheit und Widerstand gegenüber in der Moderne geprägten Vorstellungen von geometrisch-abstrakter Malerei. Stattdessen knüpfen sie mit städtischen Motiven, grober Pinselsprache und ungemischten Farben an den deutschen Expressionismus an. Die historischen Vorbilder dienen als Fundgrube für Motive und Bildfindungen, welche bruchlos und fantasievoll mit Themen aus dem Zeitgeschehen verbunden werden. Figürliche Malerei wird zur Lebensgrösse aufgebläht, zelebriert ungezähmte Fabulierlust und greift gesellschaftskritische Themen auf, etwa das angespannte Geschlechterverhältnis, den Verlust des Spirituellen und die belastete Beziehung der Konsumgesellschaft zur Natur.

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