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V. Besonnene Kraft

Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts mehrten sich in der Schweizer Kunstproduktion Darstellungen des Bauern- und Arbeitermilieus. Im Gegensatz zu vielen französischen und auch deutschen Kolleg:innen schufen die meisten Schweizer Künstler:innen weniger von Sozialkritik bestimmte Motive, welche die harten Lebens- und Arbeitsbedingungen einer bestimmten Schicht anprangern, sondern Schilderungen aus dem Umfeld, in dem sie selbst aufgewachsen waren oder nunmehr lebten. Es sind beschauliche Szenen, welche Bäuerinnen, Bauern oder Handwerker bei der Arbeit, der Rast und dem geselligen Zusammensein zeigen.

Die Landbevölkerung verkörperte einen naturverbundenen, bescheidenen und arbeitstüchtigen Lebensstil, der zu einem wichtigen Bestandteil der nationalen Identität erhoben wurde. In den Darstellungen und ihrer Rezeption schwingt daher oft eine patriotische Note mit, die sich Anfang des 20. Jahrhunderts mit dem aufkommenden Nationalismus verstärkte.

Ein Beispiel dafür ist Ferdinand Hodlers Komposition Der Holzfäller, die er zusammen mit dem Mäher für eine Banknotenserie zum Thema «Arbeit in der Schweiz» entworfen hatte. Als Monumentalfigur ausgeführt, bezeichnete der Künstler den Holzfäller als «ein unvergleichliches Bild von leidenschaftlicher, aber zielbewusster und besonnener Kraft, dass man sich fast nicht satt an ihm sehen kann». Die ikonische Bildfindung erfreute sich schnell grosser Beliebtheit, wurde von Hodler in mehreren Versionen wiederholt und zählt noch heute zu seinen bekanntesten Werken.

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